1 Studie, 2 Insights & 3 Aktionen

Zu viel Auswahl? Wie du dein Sortiment so präsentierst, dass es überzeugt statt überfordert.

1 Studie

Kunden wollen Auswahl. Klar, oder? Niemand mag es, nur zwischen zwei Optionen wählen zu können. Eine große Auswahl geht mit dem Gefühl einher: “Hier finde ich, was ich will.”

Aber fühlt es sich tatsächlich gut an, wenn dir 47 Kaffeevollautomaten angeboten werden? Oder du zwischen 136 Trinkflaschen wählen sollst?

Schon mal durch Amazon’s Trinkflaschen – Sortiment gescrollt?

Ab einem gewissen Punkt wird’s nicht unbedingt besser, sondern anstrengender.

Und genau das ist das Phänomen von Choice Overload. Wenn wir so viele Optionen haben, dass wir:

→ unsicher werden,
→ ständig vergleichen,
→ Angst haben, etwas Besseres zu verpassen,
→ und am Ende entweder nichts kaufen oder unzufrieden sind.

Eine neue Studie aus 2025, erschienen im renommierten Fachjournal Psychology & Marketing, stellt sich die Frage:

„Wann wird ein großes Sortiment zur Überforderung und wann nicht?“

Und vielleicht hängt das gar nicht so sehr davon ab, wie viele Optionen es gibt, sondern wie gut sich diese bewerten lassen.

Kurzes Gedankenexperiment:

Stell dir vor, du stehst im Supermarkt und willst einen Saft kaufen. Und du stehst vor einem Regal, das nach Geschmackssorten sortiert ist:

Mango
Orange
Apfel-Minze
Erdbeer-Kiwi

Vermutlich siehst du relativ schnell eine Sorte, die du magst, oder? Schnelle Entscheidung, wenig Zögern.

Und jetzt stell dir vor, du möchtest dir und deiner Gesundheit etwas gutes tun und einen Multinährstoff kaufen. Wieder stehst du vor einem Regal:

„Zink, Selen, Biotin + 1.200 ORAC-Einheiten“
„28mg Vitamin C, 400 IE D3, 14% B-Komplex“
„Omega-3, Coenzym Q10, Magnesium 6-fach-Komplex“

Du schaust drauf und vermutlich denkst du dir sowas in die Richtung wie: „Was davon ist gut? Was brauche ich? Wofür ist ORAC nochmal?“

Und was, wenn du davon nicht drei oder vier, sondern 20 Optionen zur Auswahl hast?

Beim Saft? Kein Problem. Beim Multinährstoff? Willkommen “Choice Overload”.

2 Insights


1. Mehr Auswahl funktioniert (wenn man einfach versteht, worin sich die Optionen unterscheiden).

Lass uns das an zwei spannenden Experimenten aus der Studie festmachen:

Experiment 1: Apple Watch.

Die Forscher zeigten zwei Kundengruppen Apple Watch Angebote (Watch + Armband-Varianten):

  • Gruppe A sah 3 Angebote.
  • Gruppe B sah 6 Angebote.

Zuvor wurden die Leute noch gefragt, wie gut sie sich mit der Apple Watch auskennen, wie vertraut sie also mit dem Produkt sind.

Was ist passiert?

Die Leute die sich weniger gut auskannten, haben sich schneller von der Entscheidung verabschiedet.

Bei der kleineren Auswahl haben sich 65,9% für ein Angebot entschieden.

Bei der größeren Auswahl nur mehr 46,4%.

Die Kaufwahrscheinlichkeit brach also um 20 Prozentpunkte ein, das sind fast 30% weniger Käufe, nur weil die Auswahl größer war.

Experiment 2: Thermobecher.

Einfaches und alltägliches Produkt, ein Kaffee- / Teebecher zum Mitnehmen. Diesmal der Ansatz, sie zeigten zwei verschiedene Werbeanzeigen:

  • Version A: Fokus auf Farben (leicht zu bewerten)
  • Version B: Fokus auf Materialien (schwerer zu bewerten)

Hat man der Gruppe mit Fokus auf Materialien (Vers. B) eine Auswahl von 4 Produkten vorgelegt, entschieden sich ganze 71,3% für einen der Becher.

Bei einer größeren Auswahl mit 8 Bechern waren es nur noch 43,8%. Was einem Rückgang von fast 40% entspricht.

Im Vergleich dazu, in der leichter zu bewertenden Farb-Gruppe (Vers. A), zeigte sich kein Unterschied zwischen 4 oder 8 Produkten.

Also, was ist passiert?

2. Nicht die Anzahl überfordert, sondern die Unsicherheit, wie wir die Optionen bewerten sollen.

Die meisten würden sagen: „Umso mehr Auswahl, umso besser.“ Klingt logisch, aber Auswahl funktioniert nur, wenn wir auch verstehen, worin sich die Produkte unterscheiden.

Unser Gehirn möchte bei einer Entscheidung zwei Dinge:

  1. Schnell verstehen, was die Optionen bedeuten.
  2. Einfach bewerten, welche davon für uns die Beste ist.

Wenn das nicht klappt, passiert Folgendes: 

→ Wir lesen uns fest
→ Vergleichen endlos Eigenschaften
→ Googeln oder fragen neuerdings ChatGPT
→ Und fühlen uns trotzdem nicht sicher in unserer Entscheidung

Wir werden langsamer, angespannter, bekommen Entscheidungsstress. Und oft brechen wir einfach ganz ab.

Das Paradoxe: Selbst wenn wir etwas kaufen, bleibt häufig ein ungutes Gefühl zurück, so ein nagendes „War das wirklich die beste Wahl?“.

Und wenn wir gleichzeitig noch gestresst, müde oder abgelenkt sind (was heutzutage eigentlich keine Seltenheit ist) sind wir besonders anfällig dafür.

Darum reicht es nicht, einfach „mehr Auswahl“ zu bieten. Du musst auch helfen, dass Menschen verstehen und bewerten können, was sie sehen.

3 Aktionen


1. Analysiere deine Produkte.

Je besser Kunden Merkmale bewerten können, desto sicherer und schneller treffen sie ihre Entscheidung. Sieh dir einfach deine Produkte bzw. Kategorien an und frage dich:

→ Welche Merkmale versteht der Kunde sofort, was ist intuitiv bewertbar (z.B. Farben, Formen, Geschmack)?
Setze diese prominent ein, als Blickfang, im Hero-Bereich, in Ad-Copy.

→ Welche Merkmale sind eher abstrakt oder erklärungsbedürftig (z. B. Technische Details, Inhaltsstoffe)?
Vereinfache oder verpacke sie visuell. Mit Hilfe von Icons, Skalen, oder auch einfachen Analogien für Formulierungen.

→ Gibt es Merkmale, die wirklich wichtig, aber schwer vergleichbar sind?
Unterstütze hier mit einfachen Side-by-Side-Vergleichen, Use-Cases oder auch interaktiven FAQs („Wofür brauche ich 4K HDR?“).

Denk an die einfach verständliche Farbskala zur Energie-Effizienz von Elektrogeräten. Wie hier zu sehen bei MediaMarkt.de

2. Gestalte die Wahlumgebung bewusst.

Eine gut strukturierte Auswahl verhindert Überforderung und damit Kaufabbrüche. Führe deine Kunden nicht durchs Sortiment, sondern durch die Entscheidung.

→ Gibt es mehr als 6 Produkte auf einmal?
Biete sofort verständliche Filter an: nach Motivation, Anwendungszweck oder Preiskategorie.

→ Werden alle Produkte gleich gewichtet dargestellt?
Gib eine Vorauswahl mit Labels wie „Bestseller“, „Top bewertet für…“ oder “Passt zu deinem Geschmack”.

→ Keine Vorauswahl vorhanden?
Führe durch die Entscheidung mit interaktiven Empfehlungen („Finde deinen idealen Laptop in 3 Schritten“).

3. Bring den Nutzen in den Fokus deiner Kommunikation.

Übersetze Merkmale in verständliche Vorteile, damit Kunden den Wert sofort erkennen bzw. „Wenn ich dir erkläre, wann du es brauchst, verstehst du besser, was du brauchst.“ 

→ Gruppiere nach Anwendungsszenarien statt technischen Details:
Beispielsweise für Fahrräder: „Ideal für Stadtfahrten und Besorgungen“, „Perfekt für Langstrecken“ oder „Robust für Waldwege“.

Logitech zeigt es hier bei Gaming-Zubehör. Anwendungsbezogen geclustert (Normale Gamer, Streamer oder Rennfahrer).

→ Spricht dein Messaging komplexe Vorteile an?
Übersetze sie in alltagsrelevanten Nutzen. Statt „mit 10g Omega-3“ sag „für deine Herzgesundheit, wie 3 Lachsfilets“ oder statt „16GB RAM“ sag „Läuft flüssig, auch mit 30 Browser-Tabs“.

→ Die Entscheidung fühlt sich dennoch schwer an?
Sprich es bewusst an und nimm die Last ab (z.B. „Welches Produkt ist das richtige für mich?“). Nutze kontrastreiche Vergleiche, gezielte Szenarien oder passende Empfehlungen von Kunden.

Am Ende geht’s also nicht um mehr oder weniger Auswahl, sondern um bessere, einfachere Entscheidungen. Und die kannst du schaffen.

Wie jede Woche gilt: Teste die Ansätze für deine Produkte und Zielgruppe. Und sieh selbst, wie gezielte Psychologie deine Kunden begeistert – und deine Verkäufe steigert.

Beste Grüße.
Bernd

PS: Dieser Beitrag wurde zuerst in meinem 1-2-3 Insights 🧠 Newsletter veröffentlicht. Wenn du keine Insight’s mehr verpassen möchtest, melde dich einfach hier an!

Studie: Wang, L., Wang, S., Han, B. and Wang, C.L. (2025), Mitigating the Negative Effect of Overchoice on Purchase Decision: The Role of Product Evaluability. Psychology & Marketing.

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