1 Studie, 2 Insights & 3 Aktionen

Wie ein Blick ins Innere deiner Produkte Klicks steigert und ihren Wert erhöht.

Stell dir vor, du stößt zufällig auf die Werbeanzeige eines Produkts, nach dem du schon länger gesucht hast. Oder du bewertest bereits die aufgelisteten Features im Shop. Doch irgendwie fehlt dir der letzte Funke – der Impuls, auf die Anzeige zu klicken oder das Produkt in den Warenkorb zu legen.

Und hier kommen wir zu einem spannenden Punkt: Marketing kann noch so laut betonen, wie gut ein Produkt ist – wenn Menschen kein Vertrauen in die versprochene Leistung haben, wird es schwer, sie zu begeistern. 

Unsicherheiten über die tatsächliche Leistung sind für Menschen oft ein Stolperstein, den sie beim Kauf gerne aus dem Weg räumen würden.

Viele Unternehmen setzen hierfür gerne auf Garantien, Rücknahmeversprechen und dergleichen. Oder sie erklären ihr Produkt aufwendig und teils übertechnisch, was schnell ins Gegenteil umschlagen kann. 

Doch was, wenn Vertrauen auch ohne viele Worte aufgebaut werden könnte? Durch die richtige Bildsprache?

Hier kommt eine faszinierende Technik ins Spiel: 

Die „anatomische Darstellung“ oder auch „Exploded View“ genannt. Und eine aktuelle Studie zeigt, wie diese Art von Bilder das Vertrauen in Produkte stärkt und sogar die Zahlungsbereitschaft dafür erhöht.

1 Studie

Eine brandneue Studie aus 2024, durchgeführt von Forschern der Universitäten New Hampshire, Buffalo und der Singapore Management University, untersucht:

Wie die Bildsprache eines Produkts das Vertrauen der Konsumenten und die Wertschätzung für das Produkt steigern kann.

Im Mittelpunkt steht dabei die sogenannte „anatomische Darstellung“ – also die Präsentation eines Produkts in seinen Einzelteilen – Schicht für Schicht und auf einen Blick – im Vergleich zu herkömmlichen Ansichten:

Bildsprache Apple Airpods Pro. Produkt in der anatomischen Darstellung präsentiert.
Bildsprache Teufel Audio Kopfhörer. Produkt in der anatomischen Darstellung präsentiert.

Beispiele von Apple Airpods Pro¹ und Kopfhörern von Teufel Audio², die ihre Produkte in der anatomischen Darstellung präsentieren.

Dazu führten Forscher Experimente auf einem großen Online-Marktplatz sowie über Meta Ads auf Facebook und Instagram durch. Ergänzt durch sieben weitere Labor- und Online-Experimente, um die psychologischen Mechanismen hinter der Wirkung dieser Bildsprache zu beleuchten.

Getestet wurden verschiedenste Produkte wie Dyson-Haarglätter, Matratzen, Luftreiniger, Smartwatches, Lautsprecher und Sleep-Tracker. 

Die Ergebnisse sind vielversprechend:

2 Insights


1. Innere Einblicke schaffen Vertrauen und steigern den wahrgenommenen Wert des Produkts

Wenn Leute das „Innenleben“ eines Produkts sehen, steigt nicht nur das Interesse, sondern auch die positive Wahrnehmung des Produkts und damit die Zahlungsbereitschaft. Ob auf Online-Marktplätzen oder in Social Media Ads – die anatomische Darstellung sorgt für mehr Klicks und lässt Produkte wertvoller erscheinen.

Auf einem großen Online-Marktplatz wurde ein Dyson-Haarglätter gelistet – mit variierender Bildsprache. Die Klickrate (CTR) stieg bei der anatomischen Darstellung um 28,7% im Vergleich zur klassischen Produktdarstellung im Ganzen.

Dieser Effekt setzte sich in einer Meta Ads-Kampagne auf Facebook und Instagram fort – diesmal für eine Matratze.

Bildsprache Emma Matratzen. Produkt in der anatomischen Darstellung präsentiert.

Beispiel von Emma Matratzen³, die ihre Produkte in der anatomischen Darstellung präsentieren.

Auch hier war die anatomische Darstellung stark und führte zu einem Anstieg der Klickrate um beeindruckende 68,9%. Das zeigt: Die Darstellungsweise steigert das Interesse der Leute und das in verschiedenen digitalen Kontexten.

Aber es bleibt nicht nur beim Interesse. 

Die Darstellung prägt auch die Wahrnehmung des Produkts. 10% mehr Leute hoben die Leistungsmerkmale des Produkts hervor, wenn sie das Produkt „von innen“ sahen – sie nahmen es als durchdachter und leistungsfähiger wahr.

Und was die Preisfrage betrifft: Wie viel sind Konsumenten bereit, für Produkte mit anatomischer Darstellung zu zahlen? Auch hier das überraschende Ergebnis:

Für Kopfhörer waren sie bereit, 10,7% mehr zu zahlen, für einen Lautsprecher sogar 20,7% mehr. Diese Zahlen verdeutlichen, dass diese Art von Bildsprache Vertrauen in die Qualität des Produkts schafft – und die Zahlungsbereitschaft spürbar erhöht.

Achtung bei der Aufbereitung:

Bei einer „ungeordneten“ Darstellung der Einzelteile, sozusagen ohne Reihenfolge oder auch nur eines Schnittmusters, die das Innere des Produkts zeigt, war der Effekt deutlich schwächer.

Warum das so ist?

2. Vertrauen entsteht, wenn sie sich vorstellen können, wie es gebaut ist

Stell dir vor, du siehst ein Produkt nicht nur von außen, sondern auch seine wichtigsten Teile im Inneren. Wenn Konsumenten einen Haarglätter oder Lautsprecher in seinen Einzelteilen sehen, entsteht bei vielen das Gefühl, das Produkt wirklich zu „verstehen“. 

Tatsächlich berichten zahlreiche Teilnehmer davon, dass sie das Produkt im Kopf automatisch „zusammengesetzt“ haben – ein Prozess, den die Autoren der Studie als „simulierte Zusammensetzung“ beschreiben.

Und diese Zusammensetzung im Kopf schafft Vertrauen: Menschen sind eher überzeugt, dass das Produkt funktioniert und seine versprochenen Leistungen liefert, wenn sie sich vorstellen können, wie es gebaut ist. Ohne in technische Details eintauchen zu müssen, empfinden sie das Produkt als durchdacht und leistungsstark. 

Bis zu 27% mehr Konsumenten schätzen die Leistung eines Produkts als hoch ein, wenn die Komponenten in einer räumlich geordneten Darstellung erscheinen. Dieser gesteigerte Glaube an die Leistungsfähigkeit führt nicht nur zu höherer Kaufbereitschaft, sondern eben auch zu einer anderen Preiswahrnehmung.

Allerdings gibt es Grenzen:

Die Studie zeigt, dass Menschen mit hoher „Technikangst“ oft den gegenteiligen Effekt erleben. Während Technikaffine höhere Kaufabsichten zeigen, fühlen sich Technikängstliche bei einer zerlegten Darstellung leicht überfordert, verunsichert.

Ein weiteres spannendes Ergebnis betrifft das Konsumziel – also die Frage, was Menschen mit dem Produkt vorhaben. 

Wenn Leute ein Produkt für praktische Zwecke suchen oder wo Leistung und Performance im Vordergrund stehen, entfaltet diese Art von Darstellung ihre volle Wirkung. Für Konsumenten, die das Produkt eher als ästhetisches Accessoire sehen, bleibt der Effekt jedoch aus.

3 Aktionen


1. Fokussiere auf den funktionalen Nutzen

Setze die anatomische Darstellung vor allem dann ein, wenn du Menschen ansprechen möchtest, die sich auf den funktionalen Nutzen des Produkts konzentrieren. Produkte, die als nützlich und leistungsstark wahrgenommen werden sollen, profitieren stark davon. Beispiele sind Funktionskleidung, Laufschuhe, Ski, Staubsauger, Kopfhörer, Matratzen und Co.

Nutze die Darstellung nicht nur auf den Produktseiten selbst, sondern teste verschiedene Varianten, vor allem auch in Anzeigen.

2. Nutze die anatomische Bildsprache für komplexe Produkte

Nutze diese Darstellung gezielt bei Produkten, deren Funktion oder Qualität schwer greifbar oder im ersten Moment nicht gleich sichtbar ist. Oder viel textliche Überzeugungsarbeit benötigen würde.

Stärke den Effekt: Für spezielle oder hochpreisigere Produkte könntest du anstelle einer statischen Ansicht auch eine interaktive Darstellung nutzen. Stell dir vor, ein Kunde sieht das Innenleben deines Produkts und kann per Klick die Teile zusammenfügen, um das Produkt virtuell „aufzubauen“. Dieser „DIY-Zusammenbau“ könnte das Verständnis und die Bindung an das Produkt zusätzlich stärken.

3. Vermeide anatomische Darstellungen bei Technikängstlichen

Technikängstliche Konsumenten könnten durch die anatomische Darstellung eher abgeschreckt werden, weil sie sich in den Details verlieren. Identifiziere Zielgruppen mit hoher Technikangst und teste die Wirkung unterschiedlicher Darstellungen. Falls du die anatomische Darstellung nutzen möchtest, achte darauf, sie simpel und übersichtlich zu gestalten, um Unsicherheiten zu reduzieren.

Tipp: Segmentierung. Sprich Menschen mit einer etwas höheren Technikaffinität genau mit dieser Darstellung in Ads usw. gezielt an. Halte aber gleichzeitig für technikängstlichere Segmente deiner Zielgruppe alternative Darstellungen bereit, um diese nicht zu verunsichern.

Wie jede Woche gilt auch heute – teste die Ansätze und passe sie an deine Situation und Zielgruppe an. Und sieh selbst, wie gezielte Psychologie deine Kunden begeistern und deinen Verkaufserfolg steigern kann.

Beste Grüße.
Bernd

PS: Dieser Beitrag wurde zuerst in meinem 1-2-3 Insights 🧠 Newsletter veröffentlicht. Wenn du keine Insight’s mehr verpassen möchtest, melde dich einfach hier an!

Studie: Kang, S. Y., Kim, J., & Lakshmanan, A. (2025). Anatomical Depiction: How Showing a Product’s Inner Structure Shapes Product Valuations. Journal of Marketing, 89(1), 56-76.

Bildquellen: 

  1. Beispielbild Apple AirPods, https://www.which.co.uk/reviews/headphones/article/most-reliable-headphone-brands-aWmIW5I0AOIV, abgerufen am 29.10.2024.
  2. Explosionsdarstellung der REAL BLUE PRO, Teufel Audio Blog, https://blog.teufelaudio.com/notes-from-berlin-the-uncompromising-development-of-the-real-blue-pro/, abgerufen 29.10.2024.
  3. Emma Premium ThermoSync Matratze, https://www.emma-matratze.at/emma-premium-thermosync-matratze/sku-EMAHC090200ATC, abgerufen am 29.10.2024.
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