1 Studie, 2 Insights & 3 Aktionen

Wie du mit einem simplen Zeitstempel die Wirkung deiner Bewertungen um bis zu 60% steigerst.

Stell dir vor: Zwei identische Bewertungen für dein Produkt, aber eine überzeugt deutlich mehr. Der einzige Unterschied? Eine simple Zeitangabe.

Eine neue Studie zeigt: Diese kleine Änderung steigert die Kaufbereitschaft um bis zu 60% und die wahrgenommene Kompetenz des Verfassers sogar um bis zu 112%. Ein psychologischer Hebel, den du ganz einfach für dein Marketing nutzen kannst – ganz gleich, ob bei Produkt-Bewertungen im Shop, Kundenstimmen oder Case Studies.

1 Studie

Dass Bewertungen für dein Marketing und deine Verkäufe Gold wert sind, ist für dich kein Geheimnis, oder? Da brauche ich dir nichts neues erzählen.

Sie gehören mit zu den stärksten Entscheidungsfaktoren beim Online-Kauf. Sie schaffen Vertrauen, erleichtern die Entscheidungsfindung und beeinflussen so Verkäufe maßgeblich.

Kein Wunder also, dass im DACH-Raum rund zwei Drittel der Leute Bewertungen vor dem Kauf bewusst checken und auch ganz gezielt nach Erfahrungsberichten suchen.

Gleichzeitig hat sich aber etwas verändert:

Bewertungen werden oft schon relativ rasch nach dem Kauf geteilt. Plattformen und Co füllen sich also mit frischen, schnellen Reviews, die aber ein Problem haben: Sie werden vom Leser unbewusst abgewertet.

Du hast richtig gelesen → sie werden unbewusst abgewertet.

Woran das liegt? An einem simplen Detail, das viele übersehen:

Dem „Zeitstempel“ der Bewertung.

Und zwar in all seinen möglichen Formen und Ausprägungen, wie du gleich sehen wirst.

Hier ein Beispiel einer Produkt-Bewertung. Fällt dir bereits auf, worin der Wert liegt? Inhaltlich 1:1 dieselbe Bewertung.

Genau dieses Phänomen haben Forscher der University of Chicago und der University of Illinois jetzt in einer neuen Studie untersucht. 

Wie beeinflusst der Zeitpunkt einer Bewertung ihre Überzeugungskraft?

Gleiche Bewertung → anderes Datum → ganz andere Wirkung?

  • 10 verschiedene Experimente
  • Über 179.000 echte Bewertungen
  • Von Fernseher, IPhone und Kopfhöhrer bis zu Autos oder auch Fitnessstudio Abos

Die Ergebnisse sind erstaunlich und können direkte Konsequenzen für deine Verkaufsstrategie haben. Was sie fanden?

2 Insights


1. Der Zeitpunkt einer Bewertung beeinflusst massiv, wie überzeugend sie wirkt, selbst wenn der Inhalt identisch ist.

Vertrauen entsteht nicht nur dadurch “Was” gesagt wird, sondern “Wann” es gesagt wird.

Aber was bedeutet das überhaupt?

Nehmen wir die 178.264 Online-Bewertungen von einer US-Küchen- und Haushaltsmarke. Bei diesen Bewertungen konnten Kunden freiwillig angeben, wie lange sie das Produkt schon besitzen (unter 1 Woche, 1–4 Wochen, 1–3 Monate usw.).

Und je länger jemand das Produkt in seinem Besitz hatte, umso mehr „Hilfreich“-Votes bekam die Bewertung.

Ok, aber würden Leute auch unterschiedlich auf den exakt gleichen Review-Text reagieren, nur weil am Anfang „vor 1 Tag“ oder „vor 1 Jahr“ steht?

Getestet an einer positiven Bewertung für einen Fernseher. Der Text? War immer gleich, außer der Einstieg:

  • Gruppe 1: „Ich habe diesen Fernseher vor 1 Tag gekauft“
  • Gruppe 2: „Ich habe diesen Fernseher vor 1 Jahr gekauft“

Gleicher Text mit unterschiedlicher Zeitangabe: “1 day ago” vs. “1 year ago”. Beispiel aus einem Experiment der aktuellen Studie.

+50% Steigerung der wahrgenommenen Nützlichkeit, nur durch den Wechsel von „1 Tag“ zu „1 Jahr“. Gleichzeitig wurde der Verfasser als fast doppelt so erfahren eingestuft.

Starke Steigerung, oder? Aber zeigt sich das auch bei allgemeinen Formulierungen wie „seit kurzer Zeit“? Hier beispielsweise bei der Bewertung eines lokalen Fitnessstudios:

  • „Ich gehe seit kurzer Zeit in dieses Gym…“
  • „Ich gehe seit längerer Zeit in dieses Gym…“

+21% Anstieg, wie hilfreich die Bewertung empfunden wurde, nur durch den kleinen Wortwechsel! Und ein +26% Boost in der wahrgenommenen Kompetenz.

Und bei negativen Bewertungen? Weil negative Reviews werden ja besonders aufmerksam gelesen und können die Wahrnehmung eines Produkts nochmals stärker beeinflussen.

Eine Review zu einem Apple iPhone. “1 Tag nach Kauf” vs. “6 Monate später”:

Hilfreich? +41% Steigerung.
Kompetenz? +57 % mehr.

Was im Umkehrschluss auch bedeutet: Kritik kann abgeschwächt werden, wenn sie zu früh kommt. → „Der hat’s ja kaum genutzt“

Aber der Effekt geht noch weiter: Kaufintention, Emotionen & Preisgefühl.

Beispiel: Positive Review eines Mittelklasseautos (Chevrolet Cruze). „Vor 1 Tag gekauft“ vs. „Vor 1 Jahr gekauft“:

+73% wahrgenommene Erfahrung!
+42% erwartete Zufriedenheit mit dem Auto.
+60% höhere Kaufbereitschaft (bei identischem Text!)

Aufgepasst, dasselbe bei einer negativen Bewertung zu einem BMW:

+112% Anstieg der wahrgenommenen Erfahrung! (heftigster Unterschied in der Studie). Gleichzeitig sehen Leute fast 2x öfter vom Kauf ab, wenn die Kritik von einem „erfahrenen“ Nutzer kommt. Und die negative Markenwahrnehmung stieg um fast 64%, nur wegen der Zeitangabe.

Eigentlich unglaubliche Zahlen, oder? Sehen wir uns an, wodurch das kommt.

2. Zeit = Autorität: Längere Nutzung signalisiert automatisch Expertise.

Die ganzen Ergebnisse lassen sich auf diesen einen psychologischen Hebel runterbrechen:

Zeit suggeriert Autorität.

Was bedeutet das und warum ist das so mächtig?

Wir Menschen sind darauf eingestellt, Erfahrung mit Kompetenz gleichzusetzen.

→ „Wer lange mit etwas zu tun hatte, muss sich auskennen.“
→ „Wer nur kurz dabei ist, hat keine Ahnung.“

Mehr Zeit mit einem Produkt = mehr Erfahrung = höhere Kompetenz.

Eine teils unbewusste, gedankliche Abkürzung, die wir im Alltag gerne nutzen.

Das ist exakt der gleiche Mechanismus, der auch bei „Expertenstatus“, „weißem Kittel“, „Testimonials von CEOs“ oder „100.000 Followern“ greift – es geht um wahrgenommene Autorität. Dann glauben oder folgen wir auch schneller, unabhängig davon, ob die Inhalte tatsächlich richtig oder relevant sind. Was auch als “Authority Bias” bezeichnet wird.

Das Faszinierende dabei:

Zeit funktioniert in unserem Fall wie ein automatisches Autoritätssignal. Du brauchst keinen Doktortitel, um Glaubwürdigkeit auszustrahlen. Ein gut platzierter Zeitstempel reicht oft aus, wie die Ergebnisse zeigen.

Und die Studie testet das auch umgekehrt:

Was passiert, wenn Zeit und Expertise gegeneinander antreten? Gilt der „frisch = unglaubwürdig“-Effekt auch bei Experten? Oder reicht ein klarer Expertenstatus, um Vertrauen trotz kurzer Besitzdauer aufzubauen?

Bei Bewertungen für ein Samsung Notebook zeigt sich: Expertise schlägt Zeit! Der Profi wird selbst bei „1 Tag“ als erfahrener wahrgenommen als der Amateur nach einem Jahr.

Daher gilt der „Zeit macht Bewertungen besser“-Effekt primär für “normale” Leute. Sozusagen für die alltäglichen Konsumenten, die ohnehin die Mehrheit ausmachen. Daher…

3 Aktionen


1. Nutze gezielt „Langzeitnutzer“ – Formulierungen.

Wie du siehst, können zeitliche Markierungen eine einfache Möglichkeit sein, Erfahrung und Expertise zu signalisieren, mit all ihren positiven Folgen. Wenn du also gezielt mit Rezensionen arbeitest (Kundenstimmen, Testimonials, Trust-Elemente): 

Frag bewusst nach der Nutzungsdauer oder der Dauer der Zusammenarbeit. Um Sätze zu erhalten wie:

„Seit 6 Monaten im Einsatz, funktioniert immer noch top“
„Wir arbeiten seit über drei Jahren mit…”
“Bereits 2 Jahren Mitglied.”

Konkrete Umsetzung im Shop:

  • Frag einfach zweimal: Erste Bewertung nach dem Kauf, zweite nach 3-6 Monaten Nutzung für wertvolle Langzeiterfahrungen.
  • Füge neben dem Bewertungsdatum auch das Kaufdatum hinzu, um den zeitlichen Abstand klar zu machen.
  • Hebe Langzeitnutzer mit visuellen Badges hervor.

Beispiel von backmarket.at – sie führen neben dem Datum der Bewertung auch schon das Kaufdatum an. Näher beieinander würde es sogar noch stärker wirken.

2. Rahme frische Bewertungen clever ein.

Wenn du Kundenstimmen früh einsetzt (z.B. nach 1 Woche), dann zeig, warum diese Person kompetent ist:→ IT-Profi
→ Produkttester
→ Langjähriger Kunde
→ Hat Vorgängermodell genutzt

Ein starkes Beispiel hierfür kommt von obi.de – sie fragen gezielt den Kenntnisstand ihrer Kunden ab: Profi-Handwerker*in oder Hobby-Handwerker*in.

Anders herum, bei negativen Bewertungen:

Frühe Kritik kann “abgefangen” werden, indem du einfach den Zeitpunkt mitkommunizierst. Frische Kritik ist weniger schädlich, weil Leute eher denken: „Warte mal ab, vielleicht ist’s gar nicht so.“

Auch wenn es technisch nicht direkt möglich ist, mach es in einer freundlichen Antwort: „Danke für dein erstes Feedback. Viele unserer Kunden berichten, dass sie nach längerer Nutzung…“

3. Segmentiere deine Reviews visuell.

„Neueste Stimmen“ vs. „Langzeiterfahrungen“. Damit machst du es deinen Kunden nicht nur einfach, du gibst ihnen auch die Kontrolle und stärkst damit ihr Vertrauen. Gleichzeitig nutzt du beide Vorteile: Aktualität UND Erfahrung.

Konkrete Umsetzungsideen:

  • Ergänze auf deiner Produktseite ein spezielles Feld mit „Was Kunden nach [Zeitraum] sagen“
  • Füge Filter oder Tabs ein: „Neueste Bewertungen“ | „Langzeiterfahrungen“ | „Verifizierte Experten“
  • Hebe „Top-Bewertungen von Langzeitnutzern“ in einem eigenen Bereich hervor

Wie du siehst, ist die Wirkung von zeitlichen Markierungen in Bewertungen erstaunlich, eine kleine Änderung mit großer Wirkung. Ein psychologischer Hebel, den du ab heute nutzen kannst. Welchen der Ansätze wirst du als erstes testen?

Beste Grüße.
Bernd

PS: Dieser Beitrag wurde zuerst in meinem 1-2-3 Insights 🧠 Newsletter veröffentlicht. Wenn du keine Insight’s mehr verpassen möchtest, melde dich einfach hier an!

Studie: Hagen, L., & O’Brien, E. (2024). When did they post it? How temporal markers influence the persuasiveness of online reviews. Psychology & Marketing. Advance online publication.

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