Bestimmt kennst du den „Best Practice“ im Branding und Marketing: Wenn eine Marke lange existiert, besonders seit vielen Jahrzehnten oder sogar über ein Jahrhundert, dann wird das Alter oft als Teil der Markenidentität und -kommunikation genutzt.
- Heineken – Est. 1873
- Nivea – „Pflege für Generationen“ – seit 1911
- Levi’s- „Quality never goes out of style“ – seit 1853
Man nennt das oft „Heritage Branding“ oder „Traditionsbranding“. Dahinter steckt die Idee, dass Alter und Geschichte Vertrauen schaffen. Eine Marke, die so lange überlebt hat, muss doch verlässlich sein, oder? Stabilität, Qualität und Langlebigkeit – all das wird mit älteren Marken in Verbindung gebracht.
Doch hier kommt die spannende Frage:
Gilt das immer? Ist es wirklich in jeder Situation von Vorteil, das Alter deiner Marke hervorzuheben? Oder könnte es Momente geben, in denen genau das schadet?
Vielleicht gibt es sogar Situationen, in denen es cleverer ist, bewusst zu betonen, dass man eine junge, frische Marke ist.
1 Studie
Die neue und umfassende Studie der California State University und der Temple University in den USA untersuchte dazu folgendes:
Wie das Alter einer Marke die Kaufentscheidungen der Menschen in verschiedenen Produktkategorien beeinflusst.
Dabei führten die Forscher fünf Experimente mit insgesamt rund 2.000 Teilnehmern durch und analysierten zusätzlich Verkaufsdaten aus 30 Amazon-Produktkategorien, darunter die jeweils Top 100 Bestseller.
Die untersuchten Produktkategorien reichten von Technik und Haushaltsgeräten, Möbeln und Bekleidung bis hin zu alltäglichen Produkten wie Schokolade, Tee und Hautpflege.
Und die Ergebnisse zeigen spannende Muster:
2 Insights
1. Ältere Marken punkten – außer, wenn Innovation ins Spiel kommt
Der Wert von älteren Marken zieht – und zwar stark. Menschen bevorzugen ältere Marken. Doch es gibt eine Ausnahme:
Jüngere Marken werden in Produktkategorien bevorzugt, die mit Innovation in Verbindung gebracht werden. In diesen Kategorien schneiden ältere Marken deutlich schlechter ab.
Was meine ich mit Innovation?
Die Teilnehmer bewerteten Produktkategorien danach, wie sehr sie glaubten, dass sie in der Vergangenheit Innovationen durchlaufen haben und ob sie erwarten, dass sich die Kategorie in Zukunft weiterentwickelt.
In Kategorien wie:
- Professionelle Küchenmesser
- Eichenholz-Aufbewahrungsschubladen
- Getrocknete Teeblätter
- Lederhandschuhe
- Pralinen
bevorzugten 73,9% bis 79,6% der Teilnehmer klar die ältere Marke.
Doch in Produktkategorien, die stark mit Innovation in Verbindung gebracht werden, kehrt sich dieses Bild um: Jüngere Marken werden klar bevorzugt.
- Umweltfreundliches Spülmaschinenmittel
- Überwachungskamera für zu Hause
- Anti-Aging-Hautpflege
- Roboter-Staubsauger
- Smarte Lautsprecher
Zwischen 63,0% und 70,6% wählten bewusst die jüngere Marke.
Dieses Muster zeigte sich sogar innerhalb von Kategorien, wenn die Produkte unterschiedlich innovativ wahrgenommen wurden – etwa bei einem klassischen Holzsessel im Vergleich zu einem modernen Massagesessel.
Die Präferenz für die ältere Marke (Walter Knoll, gegründet 1865) sank beim modernen Sessel um ganze 34,6% im Vergleich zum klassischen Sessel.
Aber warum zeigt sich dieses Muster so konstant?
2. Wie die Marke wirkt: Kompetent und verlässlich oder aufregend und dynamisch
Tatsächlich hängt die Entscheidung der Leute stark davon ab, wie sie die Markenpersönlichkeit wahrnehmen. Diese Wahrnehmung beeinflusst maßgeblich, welche Marke in welchem Kontext bevorzugt wird.
Ältere Marken werden typischerweise als kompetenter und sachkundiger wahrgenommen. Sie stehen für Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.
Jüngere Marken hingegen wirken aufregender und dynamischer. Sie werden mit Jugendlichkeit, Innovation und Abenteuer in Verbindung gebracht, was sie in innovativen Kategorien besonders attraktiv macht.
Der Effekt ist vor allem bei Menschen stark, die keine vorherigen Berührungspunkte mit der Marke hatten. Bedeutet, bei einem ersten Kontakt ziehen Menschen das Alter als Hinweis heran, was die oben beschriebenen Wahrnehmungen verstärkt.
Zwei entscheidende Punkte, die die Dynamik verändern:
1. Vertrautheit mit der Marke.
Vertraute, ältere Marken können in innovativen Kategorien trotzdem erfolgreich sein, wenn sie bereits bekannt sind. Diese Vertrautheit schafft Vertrauen – selbst in Bereichen, die normalerweise von jüngeren Marken dominiert werden.
Beispiel:
Die Präferenz für einen Roboter-Staubsauger nahm leicht ab, als das Gründungsjahr der älteren Marke genannt wurde, von 85,1% auf 69,7%. Dennoch blieb die Marke insgesamt stark bevorzugt – Vertrautheit übertrumpft hier Innovation.
2. Das Bedürfnis nach Einzigartigkeit.
Menschen mit einem ausgeprägten Bedürfnis, sich von der Masse abzuheben, bevorzugten durchweg jüngere Marken – und das unabhängig von der Innovationskraft der Kategorie. Weil für sie Merkmale wie Modernität und Jugendlichkeit zählen, die sie stärker mit jüngeren Marken verbinden.
Zusammengefasst, wie kannst du das nun nutzen:
3 Aktionen
1. Ältere Marken: Nutze deinen Vorteil
Ältere Marken haben einen natürlichen Vorteil. Nutze ihn. Bist du in Kategorien unterwegs, die nicht stark mit Innovation in Verbindung gebracht werden, kommuniziere dein Alter proaktiv, um Vertrauen und Verlässlichkeit zu signalisieren.
In innovativeren Kategorien: Halte das Alter zurück, besonders im Erstkontakt mit neuen Kunden, um keine falschen Assoziationen zu wecken. Kombiniere stattdessen deine Tradition mit moderner Technologie: „Bewährte Tradition trifft auf Innovation.“
Eine Ausnahme: Bespielst du eine Zielgruppe, die stark vorsichtig und zögerlich ist, kann es sinnvoll sein, das Alter auch hier gezielt zu betonen.
2. Junge Marken: Hebe Innovation und Dynamik hervor
Bist du mit einer jüngeren Marke in innovativen Kategorien unterwegs? Betone bewusst, dass deine Marke jung und innovativ ist – hier ist das ein klarer Vorteil. Nutze dies, um dich gezielt von etablierten Marken abzugrenzen.
Setze auf aufregende Kampagnen, die Neugier wecken und die neuesten Aspekte deiner Produkte in den Vordergrund stellen, um deine Innovationskraft zu verdeutlichen.
Tipp: In weniger innovativen Kategorien lass das Alter deiner Marke lieber weg – außer es macht in ganz spezifischen Situationen Sinn.
3. Sprich Kunden mit Bedürfnis nach Einzigartigkeit an
Möchtest du Kunden mit einem hohen Bedürfnis nach Einzigartigkeit ansprechen? Wenn du eine junge Marke hast, setze das bewusst ein. Hebe das junge Alter deiner Marke in den Vordergrund und stärke die natürlichen Assoziationen: Jugendlichkeit, Individualität und Abenteuer.
Wie stark du das betonen solltest, hängt von deinem Umfeld und dem Mitbewerb ab. Passe deine Kommunikation entsprechend an.
Biete außerdem personalisierte oder limitierte Editionen an, die das Bedürfnis nach Einzigartigkeit zusätzlich stillen. Dieser Ansatz kann auch für ältere Marken funktionieren, wenn du Exklusivität und Besonderheit in den Fokus stellst.
Wie jede Woche gilt – teste die Ansätze und passe sie an deine Zielgruppe an. Und sieh selbst, wie gezielte Psychologie deine Kunden begeistert und deinen Verkaufserfolg steigert.
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Bernd
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